Konzerthaus München

Christine Mantel, Projektleiterin
Staatliches Bauamt München 1

Wie kamen Sie zu diesem Projekt?

Die Projektleitung für das Konzerthaus wurde mir vor mehr als zwei Jahren von der damaligen Obersten Baubehörde angeboten, nachdem ich bereits 18 Jahre für die Bayerische Staatsbauverwaltung tätig war. Es kam für mich genau zum richtigen Zeitpunkt, da ich mich nach einigen Jahren Dienst im Ministerium wieder verstärkt einer praxisbezogenen Tätigkeit näher am Projekt und Planen und Bauen zuwenden wollte. Ich bin Architektin und habe das Studium der Architektur abgeschlossen und dann die Ausbildung zum höheren bautechnischen Verwaltungsdienst bis 1998 absolviert. Als gebürtige Münchnerin habe ich mich riesig gefreut, dass man mit diesem Leuchtturmprojekt in meiner Heimatstadt auf mich zugekommen ist.

© Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH, Bregenz, Projekt: Konzerthaus München

Erzählen Sie uns etwas über Ihre Stationen nach dem Studium

Am Anfang meiner Laufbahn war ich acht Jahre lang in Würzburg am damaligen Universitätsbauamt als Abteilungsleiterin für Hochschulprojekte zuständig und als Referentin für die Regierung von Unterfranken für Schulbau tätig. Anschließend bin ich für drei Jahre nach Bonn gegangen zum Bundesbauministerium, um Bauprojekte im Ausland zu betreuen. Dazu gehörten vor allem Goethe-Institute, deutsche Schulen z.B. in Moskau, Alexandria wie auch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Nachdem ich danach wieder in Bayern in der Obersten Baubehörde mehrere Jahre z.B. für barrierefreies Bauen zuständig war und zuletzt den Lehrgang für Verwaltungsführung an der Bayerischen Staatskanzlei absolviert hatte, arbeite ich jetzt in der Position einer Bereichsleiterin im Staatlichen Bauamt München 1.

Was ist Ihre Funktion in diesem Projekt?

Seit 2016 habe ich die Projektleitung für das Konzerthaus. Die Idee zu einem neuen Konzerthaus München hatte eine längere Vorgeschichte. Als ich dazukam, war gerade die Entscheidung für den Standort im Werksviertel am Münchner Ostbahnhof gefallen. Wir starteten dann als Viererteam im Bauamt mit der Vorbereitung des internationalen Architektenwettbewerbs und haben zusammen mit dem Wissenschaftsministerium das Raumprogramm erarbeitet. Teil meiner Aufgabe als Projektleiterin war geeignete Strukturen mit allen Beteiligten zusammen zu entwickeln. Ein Projekt dieser Größenordnung gelingt nur im Team und in interdisziplinärer Zusammenarbeit. In unserem Fall gehören dazu im Bauamts-Team neben Architekten selbstverständlich z.B. Kollegen für die Betriebstechnik und ein Jurist. Inzwischen ist unser Team auf zehn Fachleute angewachsen.

Welche Aufgaben gehören noch dazu?

Ein Schwerpunkt liegt derzeit bei der Zusammenstellung des Kernteams aus externen Planern einschließlich der Projektsteuerung, dafür führen wir im Moment Vergabeverfahren durch. Insgesamt sind meine Aufgaben in der Projektleitung sehr vielseitig. Im Vergleich zur Privatwirtschaft haben wir in der Staatsbauverwaltung früher die Chance, an sehr interessante Bauprojekte heranzukommen und Verantwortung zu übernehmen. Schon unmittelbar nach der Referendarzeit nehmen wir in unseren Funktionsbereichen Führungsaufgaben wahr. Zu meinen Aufgaben als Projektleiterin gehört entsprechend auch die Personalverantwortung für das interdisziplinäre Team. Die Kommunikation nach außen macht darüber hinaus einen wesentlichen Anteil meiner täglichen Arbeit aus. Dazu gehören natürlich die vorgesetzten Dienststellen wie das Bauministerium oder die entsprechenden Gremien mit den Nutzern, die Stadt München und die Vertreter des Landtags, aber auch die Fachwelt und die Öffentlichkeit wollen informiert werden.

Inwieweit hat sich Ihre Tätigkeit verändert in den letzten Jahren?

Unsere Verwaltung entwickelt sich ständig weiter: Ob aus Sicht des Ministeriums oder des Bauamts gilt es immer an den aktuellen Entwicklungen beim Planen und Bauen dran zu sein, welche Planungsmethoden sind aktuell, welche Tools gibt es, was tut sich auf dem Markt, welche aktuellen Entwicklungen gibt es z.B. beim barrierefreien oder energieeffizienten Bauen? Ich empfinde unsere Bauämter als moderne Ingenieurbüros, wir stehen Neuem offen gegenüber und testen neue Entwicklungen zur Anwendung für unsere Arbeit, dies aber immer auch mit Selbstbewusstsein für die eigene Kompetenz und Erfahrung.  Derzeit gewinnt zum Beispiel das Thema Controlling und Risikomanagement generell immer größere Bedeutung. Gleichzeitig ist das öffentliche Bewusstsein für Projekte in dieser Größenordnung gewachsen. Dem tragen wir Rechnung durch eine sorgsame Kommunikation und Information.

Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Beteiligten?

Spannend am Architektenberuf ist, dass wir über die verschiedenen Nutzer und Bauherrn auch immer etwas über deren Fachgebiete erfahren. Im Hochschulbau habe ich z.B. etwas über Roboter und Bienenvölker gelernt. Nur wenn wir die Bedürfnisse kennen, können wir das Richtige planen und bauen. Das trifft für ein Konzerthaus besonders zu, wo wir für ein breites Publikum ebenso wie für die auftretenden Künstler und die Studenten planen. Der Musikhochschule geht es um ihren Hochschulbetrieb, für das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit dem Chefdirigenten Mariss Jansons geht es um den Proben- und Aufführungsbetrieb, dazu gehören genauso auch die Betriebsabläufe im „Backstage-Bereich“. Alle haben wir einen sehr hohen Anspruch und sind mit großem Engagement bei der Sache. So konnte gemeinsam ein von Anfang an überzeugendes Raumprogramm entwickelt werden, welchem wir derzeit den Feinschliff geben. Ich habe diese Prozesse als sehr kooperativ erlebt, bei denen jeder Profi seinen Input gegeben hat.

Gespräche sind wichtig, um die unterschiedlichen Bedürfnisse abzuholen. Etwa zum für ein Konzerthaus zentralen Thema Akustik, an welchem wir z.B. in Workshops mit Akustikern, Musikern und Technikern gearbeitet haben. Zum Job gehört sich immer wieder auf die Menschen und deren Lebens- und Arbeitswelt einzustellen, zuzuhören und nachzufragen. Eine Aufgabe, die ich sehr gerne erfülle, weil ich gerne mit Menschen zu tun habe. Für mich war es auch sehr lehrreich, da ich mich neu in den seltenen Bautypus Konzerthausintensiv eingearbeitet habe. So erlebe ich jetzt auch privat Musik und Konzertbesuche ganz anders.

Was ist für Sie das Besondere an diesem Projekt?

Ein Highlight war für mich die Durchführung des Planungswettbewerbs und die Jurysitzung. Zum Gremium gehörten Vertreter der internationalen Architektenszene ebenso wie der Oberbürgermeister, die Stadtbaurätin und mehrere Staatsminister sowie ein breites Spektrum an Fachleuten. Es gab eine sehr intensive Auseinandersetzung mit den 31 eingereichten Entwürfen.

Das Teilnehmerfeld war ebenso prominent zusammengesetzt, darunter international tätige bekannte wie auch kleine Architekturbüros aus insgesamt 10 Staaten. Dies hat sich auch noch im darauffolgenden interessanten Verhandlungsverfahren fortgesetzt, in denen wir einen guten Austausch mit den Architekten und anderen Planern hatten. Immer wieder erweist sich dabei als Vorteil, dass auch auf unserer Seite kompetente Architekten und Ingenieure sitzen. Wir sprechen eine gemeinsame Sprache, sind professionell geschult und agieren auf Augenhöhe. Auch aus diesem Blickwinkel gewinnen Architektenjobs in der Bauverwaltung weiter an Attraktivität.

Viel Spaß gemacht haben mir auch die Ausstellungen der Wettbewerbsbeiträge vor Ort im Werksviertel, die über 10.000 Besucher gesehen haben. Das Interesse und Feedback war ungemein groß. Mich freut als Architektin persönlich, wenn sich auch Nicht-Fachleute mit moderner Architektur auseinandersetzen. Dies war sehr spannend für mich und zeigt mir, dass wir eine aufgeschlossene und interessierte Gesellschaft haben, in der ein solcher Diskurs möglich ist. Für meine Arbeit empfinde ich einen solchen Austausch als sehr fruchtbar.

Neben den großen Ereignissen zählen für mich aber auch die vielen Begegnungen im Projekt wie mit den Musikern und auch für andere Großprojekte zuständigen Kollegen im In- und Ausland zum Erfahrungsaustausch.

Was ist oder war bisher die größte Herausforderung für Sie?

Viel dreht sich im Team darum, gezielt und frühzeitig zu kommunizieren. Wir müssen immer wieder erklären, in welcher Phase wir uns gerade befinden und was als Nächstes geschieht. Wir planen auch ein, was geschehen könnte. Risikomanagement gehört genauso zu meinem Job. Das Konzerthaus München ist ein Projekt, das die Medien begleiten und das sehr stark nicht nur in der Fachwelt beobachtet wird. Entsprechend müssen wir uns vorbereiten, etwa Sprachregelungen treffen und mit allen Beteiligten ständig in Kontakt bleiben.

Dazu ist es wichtig, dass meine Kollegen und ich als Team funktionieren. Jeder von uns ist extrem motiviert für dieses besondere Projekt, so dass wir von Anfang an ein sehr positives Teamgefühl entwickeln konnten. Dieses Gemeinschaftsgefühl verbindet, hilft uns mit dem öffentlichen Druck umzugehen und professionell auch auf unvorhergesehene Entwicklungen zu reagieren.

Wie geht’s weiter?

Nachdem wir das Kernteam von Planern in Vergabeverfahren zusammengestellt haben, geht es in der nächsten spannenden Phase um die Ausarbeitung des Wettbewerbsentwurfs zur Akustik und zur Fassade. Unser Ziel ist es, in der ersten Jahreshälfte 2020 die Vorplanung im Landtag vorzulegen. Im Anschluss wird dann die Entwurfsplanung folgen. Als nächste Schritte bereiten wir die Ausschreibungen für die ersten Bauleistungen wie Baugrube und Rohbau vor. Bis dahin werden wir alle Hände voll zu tun haben, die einzelnen Schritte dieser zeit- und arbeitsintensiven Prozesse zu managen. Bei dem Projekt wird es nie langweilig.